Männerträume

Quellen: Tamiya Deutschland, Killerbody, Bing Bildersuche

„Was bringt einen Mann dazu am Sonntagmorgen um 6:00 Uhr aufzustehen…?“ textet vor langer Zeit ein Japanischer Motorradhersteller . Bei uns waren das in erster Linie unsere beiden Kinder, manchmal tatsächlich ein Motorrad, aber auch kleine funkgesteuerte Fahrzeuge.

Ein wunderschöner Sommertag, die Digitalanzeige des Ladegerätes bescheinigt die erfolgreiche Befüllung des Antriebsakkus. Tschick, mit einem Ruck werden die vier Verriegelungspins gezogen und die Karosserie vom Fahrgestell abgenommen. Der Akku-Schnellverschluss gibt den Schacht für die Transportmulde des 6-zelligen NC-Akkus (… ja schon lange her) frei. Mit einem Piep bestätigt der Handsender seine Bereitschaft.  Eine 2-polige Steckverbindung aktiviert die Stromversorgung der Gegenstelle und nach Betätigung eines winzigen Schiebeschalters geht die obligatorische erste Zuckung durch das Lenkservo. Das Fahrzeug steht noch immer aufgebockt auf seinem Startpodest. Ein weiteres Zucken des Lenkservos beendet den Startversuch. Auf der Frequenz wird also schon gesendet, so etwas endet fast immer mit Bruch. Mein Mitfahrer setzt seine Startprozedur unverdrossen fort, hier ist offensichtlich alles im Lot…

Nun alles rückwärts, Empfänger aus, Stecker raus und Sender deaktiviert. Jetzt den Steckplatz des Quartzes am Empfänger, staub- und feuchtigkeitsgeschützt in Luftballons eingepackt, freilegen. Nach erfolgreichem Quartz-Wechsel an Sender und Empfänger, Sender an, Stromversorgung verbinden, Schiebeschalter auf Ein. Keine weiteren Reaktionen treiben dem Fan ein zaghaftes Lächeln, ins von der frühen Morgensonne gerötete Gesicht. Die erste Betätigung des Lenkrades am Sender erzeugt eine umgehende Lenkreaktion, links, rechts, langsam, schnell, neutrale Lage, gut. Der Zeigefinger streckt sich gegen den kleinen gekrümmten Kunststoffhebel, siiiiiiiieeeeeeeeehh und loslassen, Ruhe, perfekt!

Die wunderschön lackierte Karosserie wandert wieder auf das Fahrgestell. Vier in kleinen Abständen durchbohrte Kunststoffstäbe schieben sich durch die in die Aussenhaut gebohrten Löcher. Kleine Sicherungsfedern sichern sie an ihrem Platz. Hochbeinig steht er da, anders als seine Kollegen von der Glattbahnfraktion, nicht dazu verdammt auf topfebenen befestigten Straßen fahren zu müssen. Überall kannst Du unaufdringlich deine Runden mit uns drehen. Jetzt endlich steht der kleine wunderschöne Lancia Delta auf seinen Rädern und reiht sich nach der obligatorischen Schlangenlinie direkt hinter dem vorbeirauschenden Ford Sierra Cosworth ein

Präzise, soweit man bei der Steuerung eines ferngesteuerten Fahrzeuges mehr oder weniger davon sprechen kann, geht es im Parallelflug um den Deckel der Mülltonne. Auf der anschließenden Geraden, Richtung Gartenbank, ziehe ich am Ford vorbei. Der hat Problem beim Geradeauslauf, was in der Regel nicht am Auto liegt. Wie wir wissen, werden Fahrzeuge immer noch von einem Menschen gesteuert.  Damit sind die Ursachen jeglichen Versagens meistens schon definiert. Bei der nächsten Biegung, durch eine Schikane aus einem Backstein und einem Plastikbecher eingeleitet, verfängt sich mein rechter Kotflügel wiederholt am massiven Randstein des im frühen Sonnenlicht erwachenden Blumenbeetes. Das war übrigens meine Lieblingsecke, bis wir die Fahrtrichtung gewechselt haben..

WP_20180915_003[1]

… seit dem Zeitpunkt haben sich die vorderen Kotflügelecken optisch angenähert.

WP_20180915_004[1]

Diesen Rennkurs haben wir schon an so vielen Orten gefunden oder auch hergerichtet. Mit Begeisterung auf dem Boden gelegen und die kleinen Räder auf ihrer dynamischen Bahn von Bodenwellen, überstehenden Steinplatten und jeglichen Oberflächen verfolgt. Um Kurven gedriftet und den aufgewirbelten Staub und die weggeschleuderten Steinchen bewundert. Auf Händen getragen und von allen Seiten bewundert. All den Schmutz den wir aus deiner Fahrgestellwanne befreit haben. Du hast uns das eine oder andere Mal auch die Grenzen der Physik und auch die unseren aufgezeigt, beim Versuch nur mit Heckantrieb die hoffnungslos überforderten Hinterräder unter Kontrolle zu halten. Nach einer Stunde Fahrzeit haben wir die Karosserie endgültig abgenommen, schon das vierte Akku-Pack gut aufgeheizt, die Motorabwärme könnte jetzt Eier garen. Der Geruch von Elektronik, Gummi und endlosem Staub liegt über dir. Zwei Männer sitzen vor dir kleinem Dreckspatz und sind einfach nur glücklich. Es wird Zeit nach Hause zu gehen, eine Stunde Arbeit, nein Vergnügen liegen noch vor uns…

Diese kleine Ruine stand so oft vor mir auf dem Tisch und die Frage nach dem Sein oder Nichtsein im Raum, aber bis heute stehst Du auf meinem Regal. Das alles liegt jetzt schon mehr als 20 Jahre zurück und es gibt in wieder neu zu kaufen. Längst wieder aufgelegt als Klassik-Replica von Tamiya und noch wunderschöner als fix und fertig aufgebaute und lackierte  Karosserie von Killerbody. Welch ein Traum und Erinnerungen leben da wieder auf…

Noch Anregungen gefällig, dann hier klicken.

Ein Kommentar zu „Männerträume

Hinterlasse eine Antwort zu steinchenwerkelt Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..