Quellen: blattfeder-shop.de, suzuki-offroad.net, store.rc4wd.com/
Vor der Entscheidung über den Werdegang meines Pickups, habe ich mich auch sehr ausgiebig mit der Frage der Federung beschäftigt. Es gibt bei geländegängigen Fahrzeugen unterschiedliche Arten der Federung, die Blattfeder und die Radführung mit Zug- und Druckstreben. In der Regel haben beide Varianten eine starre Achse. Das Thema Einzelradaufhängung ist ebenfalls möglich, aber hier nicht Gegenstand der Betrachtung. Bei der Blattfeder ist die Achse mittig am tiefsten Punkt des mehrlagigen, gebogenen Federpaketes befestigt. Mehrlagig bedeutet in diesem Fall, dass die einzelnen Blattfedern übereinander gestapelt, aber dennoch beweglich, verbunden sind. Zudem sind die Blattfederlagen unterschiedlich lang. Das nachfolgende Bild zeigt einen solchen Aufbau. Die letzten beiden Federlagen wurden zur besseren Darstellung entspannt dargestellt.

Im Bereich der höchsten Belastung ist das Blattfederpaket am stärksten und läuft zu den Blattfederaugen am äusseren Rand, je Lage immer kürzer werdend, aus. Die Augen sind dabei Bestandteil der am längsten dimensionierten Lage. Die linke Blattfederseite ist dabei an einem Halter fest am Rahmen verschraubt, die ihm gegenüberliegende Seite in der Regel beweglich. In nachfolgendem Bild rechts zu sehen, erfüllt die gelbe, längliche Halterung diese Funktion. Beim Überfahren eines Hindernisses wird die Achse nach oben bewegt. Die Achse dreht sich praktisch um den linken starren Drehpunkt. Dabei wird das Blattfederpaket im Verlauf der Krafteinleitung aus ihrer ursprünglich gebogenen Form, immer weiter in die Länge gestreckt. Ohne die Möglichkeit dieser Streckung zu folgen, wäre der Federweg nahezu null. Gleichzeitig wandert die Achse dabei geringfügig nach hinten. Dies verlängert praktisch den Radstand.

Um sich dies selbst einmal praktisch vor Augen zu führen, ein Beispiel. Dabei die Feder eines Schnellhefters zwischen Daumen und Zeigefinger einklemmen, sodass sich eine Biegung ergibt. Der Daumen steht dabei für den linken Festpunkt und der Zeigefinger stellt die bewegliche gelbe Halterung dar. Nun die Biegung auf den Tisch drücken. Wenn dabei der Druck auf die Tischplatte erhöht und der Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger beibehalten wird, spürt man den schneidenden Widerstand auf der Haut. Ursache ist die nun zunehmende Streckung der Schnellhefters. Ohne das Nachgeben des Zeigefingers lässt sich eine weitere Streckung des Metalls nicht erreichen und die „Blattfeder“ wäre in ihrer Bewegung blockiert. Genau das ist die Aufgabe der vorab beschriebenen länglichen, gelben Halterung. Sie ist oben am Rahmen und unten an der Feder befestigt. Streckt sich die Feder durch einen Federvorgang, kippt das Hebelgelenk nach hinten und die Feder kann sich längen und damit überhaupt erst bewegen.
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Hierin steckt auch eine Möglichkeit den Federweg zu vergrössern. Eine leicht stärkere Vorbiegung der Feder in Verbindung mit einem längeren einfachen Hebelgelenk, oder gar eines Doppelgelenkes erhöhen den Federweg, was aber auch letztlich mechanische Grenzen hat. Bei einseitig überfahrenen Hindernissen wird die Federung auch auf Drehung beansprucht und hat damit auch irgendwann die Grenzen des Möglichen erreicht.
Nun die zweite Variante mit Strebenführung. Erstes Ziel ist dabei immer die Führung der jeweiligen Achse. Das nächste Foto zeigt die hintere Achsaufhängung, noch im Baustadium. Es sind die beiden fertigen unteren Streben von der Achsaufnahme bis hin zum Lagerbock des Verteilergetriebes und die oberen beiden Streben zu sehen. Diese sind noch ohne Alurohr ausgeführt. Die Streben enden an beiden Seiten in Kugelköpfen. Sie sind somit frei in der Höhe beweglich und auch seitlich verdrehbar. Die beiden nächsten Bilder zeigen Seiten- und Draufsicht der Hinterradaufhängung
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![WP_20180904_007[1]](https://scalecrawler.blog/wp-content/uploads/2018/09/wp_20180904_0071.jpg)
Bei den langen Streben und deren Lagerung in Kugelköpfen lässt sich schon erahnen, dass deren Beweglichkeit in allen Ebenen flexibler als eine Blattfeder ist. In Verbindung mit langen Dämpfern ist zudem der Federweg größer. Aber auch hier gibt es ein mechanisches Ende. Die Kreuzgelenke der Kardanwelle lassen nicht beliebige Knickwinkel zu. Hier müssten dann die oberen Streben verlängert werden, um den Wellenausgang des Hinterachsgetriebes nach oben zu koorigieren und somit den Knickwinkel zu verkleinern! Weiterhin ist die starre Blattfeder weniger geschmeidig, als ein einzeln abstimmbares Federbein. Dieses Federbein sieht aus wie ein St0ßdämpfer. In ihm ist eine Feder* montiert, die sich der Kraft beim Überfahren von Hindernissen entgegenstemmt und das Rad wieder zurückdrückt. Die Kolbenstange hat am oberen Teil zudem eine Scheibe mit Bohrungen. Diese Scheibe bewegt sich mit der Kolbenstange im optionalen Ölbad auf und ab. Je nach Größe der Bohrungen und Dicke des verwendeten Öls, bewegt sich die Scheibe schneller oder langsamer. Damit läßt sich die Ein- und Ausfedergeschwindigkeit des Rades manipulieren. Gewöhnlich haben Fahrzeuge diese Dämpfung, um die Radschwingungen zu beruhigen. Durch die geringen Geschwindigkeiten reicht aber wohl in diesem Anwendungsgebiet, zumindest im Modellbereich die Federung aus. Die Reibung der verschiedenen Bauteile dämpfen die sich ergebenden Schwingungen auf einen akzeptables Maß und sind damit eher vernachlässigbar. Bei schnellen Fahrzeugen ist eine perfekte Feder-Dämpferabstimmung aber unumgänglich, um den Radkontakt zur Fahrbahn permanent aufrechtzuerhalten.
Auch bei dieser Radführung tritt das Phänom der Radstandverlängerung auf. Die Veränderung ist dabei noch größer als bei einer Blattfeder. Das liegt am längeren Hebel um den sich der Achsmittelpunkt verschiebt. Das kann bei meinen Messungen pro Achse 5-8mm ausmachen. Je mehr nutzbarer Federweg zur Verfügung steht, umso größer die Verlängerung.
*Linkes Bild zeigt Federbeine mit aussen angeordneten Federn und verstellbarem Federteller um die Feder-Vorspannung zu erhöhen. Bei der vorliegenden Variante, rechtes Bild, wird durch Einsatz verschiedener Federn mit unterschiedlichen Drahtstärken das Ziel auch erreicht. Die offenliegende Kolbenstange kann zudem durch Faltenbälge vor Verschmutzung und Abrieb geschützt werden.


Zum Abschluss meine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile beider System
Vorteile Blattfeder:
- Optik näher am Original
- Federn bei Überschlägen flexibler und seitlich steifer
- Freigang durch radnahe Montage, weniger Gefahr des Aufsetzens
Nachteile:
- Fahreigenschaft bockig
- Verschränkung mechanisch enger begrenzt
- Abstimmung komplexer als Federbein
- Geringe Veränderung des Radstandes
Vorteile Strebenabstützung:
- Fahreigenschaften realistischer
- Große Verschränkung durch lange Hubwege
- Gute Abstimmungsmöglichkeiten in Abhängigkeit von Fahrzeuggewicht
Nachteile:
- Streben mehr zur Fahrzeugmitte orientiert und aufsetzgefährdet
- Nicht realitätsnah
- Bei Überschlägen können Streben verbiegen
- Größere Veränderung des Radstandes und Kontakt mit Radkasten oder Anbauteilen
- Hoher Mess-und Bauaufwand bei Umrüstung, wenn kein Umbausatz verfügbar ist**
**… wäre eigentlich (m)ein Vorteil, weil das doch die Herausforderung des Modellbauers ist
Bei meiner Wertungsvorgabe ging die Entscheidung knapp zu Gunsten der Strebenvariante aus. Mein Sohn M. hat einen RC4WD Marlin Crawler und durch geringe, kostenlose Modifikationen, wie entfernen einer der 3 Blattfederlagen und der Federn im Dämpfer, auch ein ansehnliches Ergebnis erzielt. Der erste zukünftige Einsatz wird wohl zeigen, ob sich mein Aufwand überhaupt gelohnt hat.
Beim nächsten Mal befasse ich mich mit dem ermitteln der Strebenlängen und den erforderlichen Modifikationen zum Vervollständigen des Fahrwerkes…
Hallo Ansebertus, nein, ich verstehe es nicht. 🙂 Aber gut geschrieben ist es trotzdem!
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Hallo Steinchen,
danke für die Rückmeldung. Habe in diesem Punkt den Beitrag überarbeitet, um die technische Beschreibung für alle hoffentlich verständlicher zu machen. Das ist mir schon wichtig!
LG Ansebertus
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